Die schönsten Dinge auf der Welt sind ja bekanntlich kostenlos. So einen unbezahlbar schönen Tag hatte ich diese Woche: Zeit mit der Familie verbringen, in der Natur sein, voll und ganz entspannen, gleichzeitig noch vieles lernen und sich über kleine Erfolgserlebnisse freuen. Wir waren in den Pilzen und das hat mir noch sehr viel mehr als ein leckeres Essen eingebracht.
Als ich klein war gingen wir sehr oft in die Pilze. Ich weiss noch, dass ich es geliebt habe, trotz dass wir losfahren mussten, als es noch dunkel war und mir das noch nie lag. Ich erinnere mich noch vage an die Freudenmomente, wenn ich zum Beispiel ein paar schöne Maronenröhrlinge erspäht hatte.
Irgendwann gingen wir nicht mehr. Scheidung, Pubertät und wahrscheinlich auch kein Interesse mehr daran. Das kam erst so ganz langsam mit Anfang Dreissig wieder zurück. Da war mein Pilzwissen durch zwei Jahrzehnte verschüttet und ich traute mich alleine nicht mehr an das Thema, obwohl ich dieses Hobby gern wieder aufnehmen würde.
Dieses Jahr habe ich mir aber ein gutes Pilzbestimmungsbuch gekauft und anlässlich eines Heimatbesuchs quasi einen Auffrischungskurs bei meiner Mama und ihrem Mann genommen. In einer knapp fünfstündigen Sammelsession und trotz dass wir – aus Rücksicht auf meinen Chronotyp 😉 – erst um 10 starteten fanden wir jede Menge Steinpilze, Birkenpilze, Maronen, Ziegenlippen, Rotfussröhrlinge, Rotkappen, Scheidenstreiflinge, Perlpilze, Reizker und so viele violette Lacktrichterlinge, dass wir nicht mal alle der letzteren mitnahmen.
Ich hatte die ganzen letzten Jahre gedacht, es würde ewig dauern, bis ich mich wieder halbwegs firm in der Materie fühle, aber dem war gar nicht so. Schon nach den wenigen Stunden Refresher traue ich mir wieder zu, die mir bekannten Arten zu sammeln. Zumal ich auch eine sehr konservative Sammelstrategie habe, wie eben meine Eltern auch.
Ein bisschen Nervenkitzel war trotzdem dabei, da ich abends mit Freunden essen war und deshalb erstmal meine Familie die Pilze kochte und probierte. Ich hätte es vorgezogen, selber der Vorkoster zu sein. Immerhin war ich am nächsten Tag die erste, die eine grosse Portion ass, natürlich ohne irgendwelche Vergiftungserscheinungen zu haben.
Pilze sammeln ist halt schon ganz anders als einfach welche zu kaufen. Dort gibt man die Verantwortung an die Pilzzüchter ab und isst dann gedankenlos. Pilzesammeln hingegen Verantwortung für seine eigene Gesundheit übernehmen, Entscheidungen treffen, die solche über Leben und Tod sein können. Das klingt jetzt vielleicht dramatisch, aber so ist es nun mal. Wenn man nicht auf so ein winziges Detail wie einen gerieften statt glatten Ring achtet und dann statt einem Perlpilz einen Pantherpilz im Essen hat, kann das tödlich sein, zumindest aber schlimme Organschäden verursachen.
Trotz aller Vorsicht, die man walten lassen muss: Pilzesammeln ist ein wunderschönes und entspannendes Naturerlebnis, welches ich in Zukunft wieder regelmässig in mein Leben integrieren möchte.