Als Veganer erlebt man in der sozialen Interaktion mit seinen omnivoren Mitmenschen manchmal schon Sachen, die so tragisch sind, dass sie schon fast wieder komisch sind. Ein ganz tolles Beispiel habe ich gerade eben auf der Wartburg erlebt.
Meine Mama und ich hatten am Abend vor unserem Familienausflug drei Bleche vegane Pizza und Zwiebelkuchen gebacken als Verpflegung. Dummerweise waren die dann im Auto und wir schon auf der Burg und erfuhren, dass wir erst in knapp einer Stunde die nächste Führung mitmachen könnten. Was bedeutete, dass wir alle wahrscheinlich mitten in der Führung schon Hunger bekommen würden. Irgendetwas Kleines zu essen musste also an den Start. Für meine Eltern und meine Oma natürlich kein Problem, denn da war ja ein Stand mit Butterbrezeln. Ich ging ins Restaurant nebenan. Ein Blick auf die Auslage und die Karte bestätigte die Vermutung, dass das ein schwieriges Unterfangen würde. Aber wie schwierig…
Ich: „Haben Sie etwas ohne Tierprodukte drin?“
Kellnerin: Verständnisloser Blick.
Ich: „Also ohne Eier, Milch, Butter, …“
Kellnerin: „Pffh… keine Ahnung. Vielleicht Kuchen?“
Ich: „Glaube nicht. Haben Sie vielleicht Brötchen oder Brot?“
Kellnerin: „Aber da ist doch bestimmt auch sowas drin?“
Ich: „Normalerweise eigentlich nicht. Ist ja Mehl und Wasser. Ausser es sind Milchbrötchen?“
Kellnerin: „Nein, ist normales Brot.“
Ich: „Können Sie mal bitte nachschauen.“
Sie verschwindet in der Küche und kommt kurz darauf wieder mit der Meldung: „Da ist Eiweiss drin.“
Fand ich schon komisch, aber manchmal wird ja zum Beispiel Zopf mit Eiklar glasiert, also theoretisch möglich. Ich solle es doch beim Romantik-Hotel versuchen. Die hätten nämlich glutenfrei. (Was auch immer das mit vegan zu tun hat). Okay. Ich ging also Richtung Ausgang, da fiel mein Blick auf die Eistruhe. Es war auch Wassereis dabei. Wenigstens bisschen Zucker, dachte ich, und meldete an, eines kaufen zu wollen.
Die Kellnerin nahm eins heraus, drehte es herum und verlautbarte: „Da ist auch Eiweiss drin!“
Stirnrunzelnd nahm ich ihr das Eis aus der Hand und schaute selber nach. Selbstverständlich war nichts Tierisches drin und endlich entdeckte ich auch, wo die gute Frau die Nullkommairgendwas Gramm Eiweiss gelesen hatte. Nämlich nicht bei den Inhaltsstoffen, sondern bei der Nährwertzusammensetzung.
Ich erspare euch die Schilderungen, wie ich vergeblich versuchte, der Frau zu erklären, dass es Eiweiss, auch Protein genannt, auch in Pflanzen gibt. Man konnte fast meinen, sie weigerte sich, es zu verstehen. Jedenfalls liess ich mir dann von ihr die Brotpackung aushändigen. Dort hatte sie natürlich auch auf die Nährstoffzusammensetzung geschaut und mir somit das gute reine pflanzliche Produkt vorenthalten. Bleibt nur zu hoffen, dass jemand mit Nahrungsmittelallergien im Wartburg-Restaurant auf etwas intelligenteres Gastro-Fachpersonal trifft, sonst kann das mal böse ausgehen…
Letzten Endes konnte ich ihr drei Scheiben Brot abkaufen und hatte somit immerhin ein kleines Erfolgserlebnis. Ein noch grösseres wäre es gewesen, wenn ich es geschafft hätte, ihr glaubhaft (denn geglaubt hatte sie mir das nicht) zu vermitteln, dass sowas wie pflanzliches Eiweiss existiert, aber bei manchen Leuten ist leider wirklich Hopfen und Malz verloren.