Es dauerte tatsächlich nur wenige Tage nach dem letzten Beitrag bis ich den herannahenden „Rappel“ bekam und – wie es die Ratgeber auch schreiben – alles aus dem Kleiderschrank zerrte, um tabula rasa zu machen.
Es kostete mich einen ganzen Tag, aber an dessen Ende hatte ich
- vom angesammelten Staub befreite Schränke
- ein neues und sinnvolleres Ordnungssystem
- zwei Wäschekisten voll Klamotten, die ich seit geraumer Zeit nicht mehr angezogen habe
- an innerer Ruhe gewonnen
Wie soll so eine banale Handlung wie Aufräumen oder Ausmisten denn helfen, eine innere Unruhe zu lindern, die von ganz und gar nicht banalen Themen wie Stress und komplexen Anforderungen auf Arbeit und dem Aufschieben wichtiger Entscheidungen über meinen zukünftigen Lebensweg herrührt?
Ich habe keine Ahnung, aber irgendwie funktioniert es. Die äussere Ordnung scheint auch innere Klarheit zu begünstigen. Steht wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten in jedem Feng Shui Buch, aber ich muss ja immer alles selbst herausfinden…
Damit war die Arbeit aber noch nicht ganz erledigt, denn erst wenn die nicht mehr geliebten Klamotten unsere Wohnung verlassen haben, bin ich ja wirklich davon befreit.
Dafür habe ich erstmal alle Stücke, von denen ich mir vorstellen könnte, dass irgendeine meiner Freundinnen sie vielleicht gern tragen würde abfotografiert, in ein Dokument gepackt und an jene mit ähnlicher Kleidergrösse geschickt.
Das war im Nachhinein eine gute Idee, denn für immerhin fünf Teile haben sich Abnehmerinnen gefunden. Zwar war das nur ein Bruchteil, aber von dem konnte ich mich federleicht und mit Freude trennen.
Weitere etwa fünf Teile habe ich in eine Kiste gepackt, für den Fall dass sich mein Kleidergeschmack doch wieder zurückändert. Der Rest kam, bis auf einen kleinen Beutel voll, der zu Putzlumpen fabriziert wird, bereits in die Kleidersammlung.
Was verbleibt ist immer noch deutlich mehr als genug. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass der Durchschnittsdeutsche – und für Schweizer dürfte es ja wohl nicht extrem anders sein – um die hundert Kleidungsstücke besitzt. Ich habe so grob über den Daumen sechzig ausgemistet … und hatte danach immer noch 213, Socken und Unterhosen natürlich nicht mal mitgerechnet.
Wenigstens in den letzten zwei Jahren hatte ich fast gar nichts mehr gekauft. Der Berg hat sich vor dieser Zeit angesammelt, zumal ich noch nie eine Ausmistaktion im Umfang der letzten vorgenommen hatte.
Geht man davon aus, dass pro Jahr durchschnittlich vier Kleidungsstücke derart kaputtgehen, dass sie nicht mehr brauchbar sind (was bei mir bis jetzt noch nicht in dem Ausmass vorgekommen ist), hätte ich nach wie vor genug Klamotten, um mich bis an mein Lebensende einzukleiden. Schon eine verrückte Vorstellung…
Vielleicht klappt es ja wirklich, dass ich mit 85 noch etwas aus dem aktuellen Fundus anziehe. Schliesslich hatte ich ja ohnehin vor, mich so in Form zu halten, dass ich bis ins hohe Alter enganliegende und ärmellose Oberteile tragen kann.