So ein bisschen wie Dr. Frankenstein fühlte ich mich schon, als ich es – beim zweiten Versuch schaffte, selber veganen Joghurt herzustellen. Dementsprechend verrückt-euphorisch sprang ich auch in der Küche herum angesichts der Tatsache, Leben erschaffen zu haben.
Den ersten Versuch hatte ich grob nach Gebrauchsanweisung gemacht. Naja, das mit der konstant warmen Temperatur wurde eher leidlich umgesetzt… Mangels Joghurtbereiter habe ich den Behälter mit der Pflanzenmilch und den Bulgari-Joghurtkulturen einfach einen halben Tag lang auf den Balkon in die Sonne gestellt. Irgendwas passierte da auch, aber leider nur in den untersten paar Zentimetern. Obendrüber trennte sich aus der Pflanzenmilch dann eine gelblich-klare Flüssigkeit heraus. Das Ganze sah ziemlich unappetitlich aus, wenngleich es geniessbar war. Wir haben es zu Bananenmilch verarbeitet.
Mittlerweile bin ich der Meinung, dass meine hemdsärmelige Herangehensweise nicht einmal unbedingt daran Schuld war. Ich habe es nämlich – unbelehrbar wie ich bin – auch beim zweiten Mal mit der Balkonmethode probiert. Nur diesmal habe ich statt Hafermilch die gute alte Sojamilch genommen und auf ein Päckchen der Joghurt-Kultur nochmals weniger Flüssigkeit als in der Anleitung.
Die Anleitung konnte ich ja ohnehin nicht 1:1 umsetzen, da dort von Kuhmilch ausgegangen wird.
Jedenfalls war nach einem halben Tag ein ansehnlicher Sojajoghurt entstanden. Nicht stichfest, aber für meinen Geschmack fast ausreichend. Man kann ja mit Guakernmehl nachhelfen.
Total euphorisiert von meiner Kreation, schöpfte ich gleich ein paar Esslöffel ab und impfte damit einen halben Liter Mandelmilch. Schliesslich wollte ich ja wissen, ob meine „Kreatur“ fortpflanzungsfähig ist.
Sie ist es. Das Ganze wurde zwar nochmal ein klein wenig flüssiger als die Sojavariante, aber die Joghurt-Definition war trotzdem erfüllt.
Abends berichtete ich H. ganz begeistert von meinem Feldversuch. Der war, glaube ich, leicht amüsiert angesichts meines Vorgehens, die Fermentierungstemperatur der Sonne und somit dem Zufall zu überlassen. Berufsbedingt kann er wohl nicht anders, als die potenziellen Fehler in Produktionsprozessen aufzudecken. Zum Beispiel, dass ich in keinster Weise sichergestellt habe, dass die Temperatur 42° nicht überschreitet. (Für die Nicht-Biologen: Die Temperatur, ab der Eiweisse kaputt gehen. Was auch dafür sorgt, dass wir bei Fieber in dieser Höhe schnell mal sterben.)
Sein belustigtes Urteil war, dass ich offenbar so viele Joghurtbakterien reingekippt hatte, dass immer noch genügend die Behandlung überstanden haben. Mag sein. Hauptsache ist ja, dass es geklappt hat.
Der nächste Härtetest folgt noch: Laut Hersteller kann man von dem selbergemachten Joghurt kleine Portiönchen einfrieren und später wieder zum Impfen benutzen. Habe ich natürlich gemacht, also erstmal das Einfrieren.
Und wofür das Ganze? Ich könnte ja auch einfach Sojajoghurt kaufen? Ja, aber in unserem Coop nur in diesen kleinen 180g-Becherchen. Und eben nur Soja- oder – zu absoluten Abrisspreisen – Kokosjoghurt. Da schätze ich doch die Möglichkeit, mir aus jenster Pflanzenmilch Joghurt in rauen Mengen herzustellen. Und ganz nebenbei… macht es irgendwie Spass, ein bisschen Frankenstein zu spielen 😉