Der CEVA-Workshop hört nicht auf, in mir zu arbeiten.
Bereits nach dem ersten Tag waren in mir Prozesse angestossen, die für meinen weiteren Weg als Aktivistin recht entscheidend sein dürften.
Nach einem Tag vollgepackt mit Informationen und Impressionen, zog ich abends im Hotelpool meine Bahnen und dachte nach.
Der implizite Appell, bloss keine radikale Haltung an den Tag zu legen, war ja fast immer mitgeschwungen. Melanie und Tobias haben uns vor Augen geführt, dass die ledigliche Reduktion des Konsums von tierischen Produkten zwar immer noch unseren Idealen widerspricht, den Tieren aber trotzdem eine Menge bringt. Also unterstützenswert ist.
Das ist aber eine Message, die wir an den Cubes nicht vertreten. Erklärtes Ziel ist es, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, die vegane Lebensweise auszuprobieren und bestenfalls dann dabei zu bleiben. Diese zählen dann als „conversions“. Schade um die Verwandtschaft mit „konvertieren“, denn solche Benamsungen könnten manche Leute (wie zum Beispiel meine Mama ;)) nur noch mehr in ihrer Meinung bestärken, vegane Gruppen hätten etwas von Sekten.
Diese Conversions werden jedenfalls bei allen Cubes gezählt. Über die Nachhaltigkeit lässt sich wohl streiten. Unbestritten jedoch ist es motivierend, wenn man selbst dazu beitragen konnte, den Zähler hochzuschrauben. Gute Gespräche, die Leute echt zum Umdenken angeregt haben, sind nun mal absolute Highlights im Leben eines Aktivisten.
Aber was ist mit dem ganzen unspektakulären Rest meines Lebens? Mit all den Tagen, an denen ich nicht das Gefühl habe, unsere Sache vorangebracht zu haben. Weil ich zum Beispiel einfach nur bis zu den Ohren in Arbeit steckte. Oder – als Ausgleich dazu – einfach mal einen Sonntag mit Sport und anschliessendem Müssiggang zu Netflix-Serien verbracht habe.
Und was ist mit den Tagen, an denen ich mich mit Nicht-Veganern über das Thema ausgetauscht habe. Aber im Schongang, um die gute Beziehung nicht aufs Spiel zu setzen. Null Conversions.
Aber heisst das denn zwangsläufig, dass meine Bemühungen vergeblich waren?
Zum Glück glaube ich das nicht.
Jede geistige Auseinandersetzung mit den Themen Tierethik, Karnismus und veganer Lebensweise ist in meinen Augen ein zusätzlicher Tropfen.
Mein ganz persönliches Fass wurde erst mit 32 endlich zum Überlaufen gebracht. Nach 14 Jahren selbstbestimmten Essens.
Wäre da nicht auch ein bisschen mehr Geduld mit denjenigen angesagt, deren Fass sich eben erst noch am Füllen ist?
Was mir an diesem Bild ausserdem gefällt ist, dass es mir die Wichtigkeit aller Beiträge in Erinnerung ruft. Wir dürfen nicht aufhören, zu reden, zu zeigen und vorzuleben. Auch wenn wir in 99% der Fälle nicht das Glück haben, der letzte Tropfen zu sein und somit das Erfolgserlebnis abzugreifen. Alle Tropfen, die vorher in das Fass getropft sind, waren schliesslich ganz genau so wichtig wie der Allerletzte.
All die Situationen, in denen man vielleicht ein kleines bisschen mehr den Boden für ein Umdenken bereitet hat, lassen sich nicht quantitativ erfassen. Sie deshalb geringzuschätzen, würde unsere Bewegung jedoch massiv zurückwerfen.
Was liegt dann jenseits der messbaren Erfolge?
Das überwältigende Gefühl, Teil von etwas Grossem und Wichtigen zu sein. Eine Verbundenheit wie ich sie bis jetzt ausserhalb meines nahen Umfelds nicht gespürt hatte. Und Dankbarkeit dafür, dass ich mit meinem Leben etwas Sinnvolles anfangen kann.
Jenseits messbarer Erfolge