Das Frühstück fiel heute gewohnt karg aus. Billiges Weissbrot, das ich teils in eine Öl-Salz-Mischung tunkte, teils mit Banane ass. Währenddessen warf ich neidische Blicke auf den Nebentisch, wo eine andere Gruppe Radfahrer sass. Einer von ihnen hatte eine Tüte mit dunklem Brot auf dem Tisch, wahrscheinlich sogar das gute Proteinbrot, das ich zuhause nach dem Krafttraining oft esse (manchmal auch mit Banane) und das so wunderbar lang satt macht. Der hatte also auf die Einfuhrbestimmungen geschissen und wurde dafür jetzt mit Sattheit belohnt. Im Endeffekt war ich selber daran Schuld. Was musste ich mich auch so überkorrekt an irgendwelche Regeln halten?
Heute standen über siebzig Kilometer im Sattel an mit unsicherer Versorgungslage unterwegs. Die Agentur hatte Sandwichs als Mittagsverpflegung organisiert, mit Butter, Schinken und Käse drauf…
Unser Guide kam jedoch mit einer Trophäe zum Bus: Er hatte vom Hotel eine halbe Wassermelone und eine Staude kleiner Bananen ergattern können. Das ist in Kuba ein wirklicher Triumph.
Das war also mein Mittagessen. Eigentlich sowieso besser als der Weissbrotfrass.
Als wir dann am Nachmittag mit den Rädern durch Vinales fuhren (eine einzige langgezogene Restaurantmeile), fragte ich mich schon, warum zum Teufel die Reiseagentur uns ein Hotel weit ausserhalb hatte buchen müssen. Gute 7km später waren wir dann da, zwar in einer schönen Anlage, aber eben ohne andere Essensmöglichkeiten in erreichbarer Nähe.
Der ältere Kellner im Hotelrestaurant korrigierte mich immerhin schon mal nicht auf „vegetariana“, kündigte aber gleich an, dass es schwierig würde, für mich etwas zu essen zu finden. So kompliziert war es dann aber doch nicht. Als Vorspeise das typische Dosengemüse, eine Mischung aus Kartoffelstückchen, Möhren, Erbsen und grünen Bohnen („habichuela“), welche die Kubaner offenbar „macedonia“ nennen. Den Terminus kannte ich aus Spanien, allerdings als Dosenobstmischung. Als Hauptspeise Spaghetti, welche ich mit Öl und Knoblauch bestellt habe. Spaghetti allioli, ihr wisst schon. Ist wohl in Kuba nicht so bekannt. Oder zumindest nicht bekannt genug, um die Dosierung zu kennen. Jedenfalls hatte ich genug Knoblauch auf dem Teller, dass man damit eine fünfzig Liter Gulaschkanone hätte würzen können. Zum Glück gibt es ja einen Tellerrand und gut dosiert war es dann auch richtig lecker.
Mein Partner hatte Fisch mit Reis und frittierten Kochbananen. Die habe ich dann auch noch probiert, um den Bananentag komplett zu machen. War aber nicht so gut.
Wir witzelten gerade darüber, dass ich dem armen Kellner am nächsten Abend ja schon wieder das Leben schwer machen müsste, als er an unseren Tisch kam und mich bat, ein paar Fragen stellen zu dürfen. Wie heisse das nochmal? Vegelo? Vegeno? Und ob das da wo wir herkommen eine Art Tradition sei oder eher eine Religion?
Weder noch, erklärte ich ihm, sondern ein Lebensstil, den manche aus ethischen Gründen führen. Er nickte, aber seine Augen verrieten, dass er mich wohl trotzdem für ein bisschen Ballaballa hielt. In dem Moment erinnerte er mich sehr an meinen Grossvater. Immer wissensdurstig und neugierig, aber mit den Veränderungen, die die Moderne mit sich brachte, konnte er meist nicht so viel anfangen.
Das Letzte, was ich mittlerweile erwartet hätte war, hier auf Kuba gefragt zu werden, ob ich dann auch keinen Honig esse. Aber der ältere Herr hatte dadurch dass er privat auch noch einen Bungalow vermietet, vor einiger Zeit schon einmal Bekanntschaft mit zwei jungen Veganerinnen gemacht und die hatten sogar den ihnen zum Frühstück angebotenen Honig abgelehnt.
Irgendwie ist es schön zu wissen, dass man wenigstens dazu beiträgt, dass auch in nicht so industrialisierten Ländern der eine oder andere erfährt, dass es so etwas wie Veganismus gibt und warum.